„Die Schule ist für muslimische Schülerinnen und Schüler leider nicht nur ein Ort der Bildung, sondern oft auch ein Ort der Stigmatisierung. Lehrkräften fehlen oft interreligiöse und interkulturelle Kompetenzen“, erklärt Ali Mete, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG). Anlass sind erste Teilergebnisse der „Distanz“-Studie der Universität Vechta und der Internationalen Hochschule Bremen, die am Dienstag vorgestellt wurden. Ali Mete weiter:
„Zum Bildungsauftrag der Schule gehört es, Schülerinnen und Schülern eine inklusive und respektvolle Lernumgebung zu bieten. Wie aus einer aktuellen Studie hervorgeht, ist die Schule für Musliminnen und Muslime aber oft ein Ort der Stigmatisierung. Forscher haben herausgearbeitet, dass Lehrkräfte oft die Tendenz haben, Verhaltensweisen von muslimischen Schülerinnen und Schülern vorschnell als ein Zeichen von Radikalisierung zu interpretieren und ihr Verhalten stärker zu problematisieren.
Dieser Befund deckt sich mit den vielen Beschwerden besorgter Eltern sowie ihren Kindern, die sich zahlreich und ratsuchend an die Islamische Gemeinschaft wenden. Es kommt nicht selten vor, dass muslimische Kinder selbst bei altersüblichen, kleinen Auseinandersetzungen mit ihren Mitschülerinnen und Mitschülern von Lehrkräften oder der Schulleitung vergleichsweise hart sanktioniert werden. Insbesondere Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten mit religiösem Bezug werden oft dramatisiert, wenn muslimische Kinder daran beteiligt sind.
Das wirkt sich negativ auf das Selbstverständnis und die Identität der Betroffenen aus und stört das Miteinander innerhalb der Schülergemeinschaft. Eltern wie Kinder fühlen sich in solchen Situationen oft nicht verstanden, ungleich und schlecht behandelt. Statt professionellem Rat einzuholen, versuchen Schulen sich oft in Eigenregie und mit Laienwissen aus der Situation zu helfen.
Die Islamische Gemeinschaft erneuert ihre Forderung nach mehr interreligiöser Kompetenz an Schulen. Lehrkräfte müssen qua Ausbildung zumindest ein Grundgerüst an interkultureller und -religiöser Kompetenz in den Beruf mitbringen, der fortwährend ausgebaut gehört. In unserer zunehmend pluraleren Gesellschaft sind interkulturelle und -religiöse Kompetenzen keine ‚nice to haves‘, sondern müssen zum Standardrepertoire einer jeden pädagogischen Fachkraft gehören.
Wer schon in den Schuljahren Ungleichbehandlung erfährt – egal, ob Benachteiligt oder Bevorteilt – wird nicht gut begleitet auf dem Weg zum Erwachsenwerden in einer vielfältigen Gesellschaft. Zahlreiche Folgeprobleme mit noch mehr Nebenwirkungen sind da vorprogrammiert. Die Schule ist nur ein Ort des Lernens von Mathe, Deutsch und Geschichte, sondern auch ein Ort der Erfahrung, die das gesamte Leben prägt.“