„Die Islamische Gemeinschaft begrüßt Debatte zur Förderung und Honorierung des Ehrenamts. Mitgedacht werden muss dabei allerdings, dass Ehrenamt nicht nur eine Frage des Wollens ist, sondern auch eine Frage des Sich-leisten-Könnens“, erklärt Bekir Altaş, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG). Anlass ist die Forderung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser, ehrenamtliche Arbeit durch einen früheren Renteneintritt zu belohnen. Bekir Altaş weiter:
„Die Islamische Gemeinschaft begrüßt den Vorstoß von Bundesinnenministerin Nancy Faeser, langjähriges Ehrenamt mit einer früheren Rente zu belohnen. Es ist richtig und geboten, Menschen, die sich selbstlos in den Dienst der Gemeinschaft stellen, zu belohnen. Allerdings sollte der ‚Renten-Bonus‘ nicht nur auf den Rettungsdienst und Bevölkerungsschutz eingeschränkt werden, sondern alle sozialen Bereiche umfassen.
Dazu gehört auch die aktive und wertvolle Arbeit in Moscheegemeinden. Dank des seit Jahrzehnten ungebrochen anhaltenden ehrenamtlichen Engagements ist die religiöse Grundversorgung von mehr als fünf Millionen Musliminnen und Muslimen gewährleistet. Ohne sie gäbe es keine Moscheen und auch keine muslimische Infrastruktur.
Die Islamische Gemeinschaft unterhält weit über 300 Moscheen in Deutschland und weitere Hunderte Einrichtungen im Bereich Bildung, Soziales, Fürsorge und vieles mehr. Ohne das freiwillige Engagement tausender ehrenamtlich Tätiger wäre die Unterhaltung dieser Einrichtungen nicht möglich. Diese Menschen sind unverzichtbare und wichtige Stützen für das Gemeinwohl und verdienen die von der Ministerin Faeser vorgeschlagene Anerkennung ihrer Leistung.
In dieser Debatte muss allerdings mitgedacht werden, dass Ehrenamt nicht nur eine Frage des Wollens ist, sondern auch eine Frage des Sich-leisten-Könnens. Denn oft sind nur Menschen in der Lage, sich selbstlos in den Dienst der Gesellschaft zu stellen, die sich die Zeit nehmen und es sich finanziell leisten können, ohne Gegenleistung arbeiten zu erbringen. Menschen hingegen, die mehrere Jobs annehmen oder körperlich hart arbeiten müssen, stehen für ein Amt ohne Gegenleistung faktisch nicht zur Verfügung.
So erklärt sich auch der Befund aus dem aktuellen Freiwilligensurvey. Danach engagieren sich knapp 22 Prozent der befragten Musliminnen und Muslimen in Deutschland im Bundesvergleich deutlich seltener ehrenamtlich. Wie wir aus anderen Erhebungen wissen, müssen Musliminnen und Muslime viel häufiger in prekären Jobs arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Der Vorschlag der Ministerin darf am Ende nicht dazu führen, dass Menschen, die sich Ehrenamt finanziell leisten können, zusätzlich bessergestellt werden.“