Verehrte Muslime!
In dem gerade rezitierten Koranvers heißt es: „Was aber die anbelangt, die glauben und das Rechte tun, so wird er ihnen ihren Lohn auszahlen. Und Allah liebt nicht die Ungerechten.“[1]
In diesem Vers geht es um die Bedeutung von Îmân und guten Taten, für die wir im Jenseits belohnt werden. Im letzten Teil heißt es aber auch: „Und Allah liebt nicht die Ungerechten!“ Hier werden wir daran erinnert, neben unserem Îmân und unseren Ibâdas unsere Mitmenschen nicht zu vernachlässigen. Unser Schöpfer sagt in einem Hadith kudsî: „Ich habe mir Unrecht selbst für haram erklärt. Auch unter euch habe ich es verboten.“[2] Er erwartet von uns, dass wir ganz besonders in unserer eigenen Familie darauf achten, das Rechte zu tun und den bestmöglichen Ahlâk, also guten Charakter, zu zeigen.
Liebe Geschwister!
Unser Prophet ﷺ sagte: „Wo immer es Höflichkeit gibt, gibt es auch Schönheit. Alles, worin keine Höflichkeit liegt, ist hässlich.“[3] Dieser schöne Hadith ist grundlegend für unsere Beziehungen untereinander, ganz besonders in der Familie. Der Sahâbî Anas (r), der unserem Propheten ﷺ sehr nahestand, erzählte: „Ich habe als Kind dem Propheten ﷺ in Medina zehn Jahre lang gedient. Natürlich gelang mir nicht immer alles so, wie er es wollte. Er hat mir aber kein einziges Mal etwas gesagt. Nie hat er gefragt ‚Warum hast du das gemacht?‘ oder ‚Hast du das noch nicht gemacht?‘.“[4]
Verehrte Muslime!
Die Familie sollte ein sicherer Hafen sein, in den man sich jederzeit zurückziehen kann. Leider ist das aber nicht immer der Fall. Es gibt viele Menschen, die in der eigenen Familie mit Gewalt konfrontiert sind. Opfer dieser Gewalt sind meistens Frauen und Kinder. Die Lockdowns während der Pandemie haben zudem zu einem Anstieg von häuslicher Gewalt geführt.
Der Islam verbietet jede Form von Gewalt, egal ob körperlich oder psychisch, und egal von wem sie ausgeht oder gegen wen sie sich richtet. Gewalt anzuwenden, entspricht nicht der Veranlagung des Menschen und beschmutzt seine Würde. Unrecht gegenüber Frauen, Männern, Kindern und älteren Menschen, und auch gegenüber Tieren oder Pflanzen, also kurz: gegenüber allen Lebewesen, macht das Leben unerträglich. Und wenn zur Begründung für so ein schändliches Verhalten auch noch Koranverse oder Hadithe herangezogen werden, wird das Ganze noch schwerwiegender. Deshalb ist es unsere gemeinsame Aufgabe, auf jede Art von Gewalt zu reagieren, sich gegen sie zu stellen und sie zu bekämpfen.
Allah ist es, der alles Leben erschaffen hat. Alles Erschaffene, lebendig oder leblos, wurde der Menschheit anvertraut. Deshalb ist es für uns Muslime eine religiöse Pflicht, alle Geschöpfe mit Barmherzigkeit zu behandeln, denn der Islam ist die Religion der Barmherzigkeit. So zeigen wir, dass wir uns dem annehmen, was Allah uns anvertraut hat.
Liebe Geschwister!
Der Koran nennt den Pharao den größten Gewaltherrscher der Geschichte. Er hat denn Zorn Allahs auf sich gezogen, nicht nur wegen seiner Grausamkeit den Söhnen Israels gegenüber, sondern auch weil er gegenüber seiner Frau, Asiya, gewalttätig war. In der Sure Tahrîm wird das Flehen Asiyas folgendermaßen beschrieben: „Und Allah führt für die Gläubigen ein (weiteres) Beispiel an: Die Frau des Pharao, als sie sprach: ‚O mein Herr! Baue mir ein Haus bei dir im Paradies und rette mich vor Pharao und seinem Benehmen und rette mich vor dem Volk der Missetäter.‘“[5]
Um häuslicher Gewalt vorzubeugen, sagte der Gesandte Allahs ﷺ in seiner Abschiedspredigt, in Anwesenheit fast aller Sahâbas anwesend waren: „Was die Frauen angeht, so fürchtet Allah. Denn ihr habt sie von Allah als Anvertrautes genommen.“[6] Als gerechter, barmherziger und geduldiger Ehemann ist unser Prophet ﷺ auch hier das beste Vorbild für uns. Aischa (r), die Mutter der Gläubigen, berichtete: „Nie hat der Gesandte Allahs einen Diener oder eine Frau geschlagen.“[7]
Möge Allah uns zu denjenigen gehören lassen, die ihre Familie, die Menschheit und alle anderen Lebewesen mit Barmherzigkeit, Geduld und Sanftmut behandeln.
[1] Sure Âli Imrân, 3:57
[2] Muslim, Birr, 15, Hadith Nr. 2577
[3] Muslim, Birr, 23, Hadith Nr. 2594
[4] Abû Dâwûd, Adab, 1, Hadith Nr. 4774
[5] Sure Tahrîm, 66:11
[6] Muslim, Hadsch, 19, Hadith Nr. 1218
[7] Abû Dâwûd, Adab, 5, Hadith Nr. 4786
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