Verehrte Muslime!
Jeder von uns hat die Pflicht, Wissen zu erwerben.[1] Dazu gehört zunächst das Basiswissen, das wir benötigen, um unsere Ibâdas wie das Gebet, Fasten und die Zakat richtig ausführen zu können und die Grundlagen des Îmân und Ahlâk zu verstehen. Für viele andere Wissensbereiche wie Tafsîr, Hadith, Kalâm, Medizin, Technik, Architektur, Geschichte usw. entfällt die individuelle Pflicht zum Wissenserwerb, wenn sich einige aus der Gemeinschaft bereits damit beschäftigen. Wichtig ist: Wissen muss immer ein Mittel sein, um gute Taten zu vollbringen. Es darf nicht zum Selbstzweck werden.
Liebe Geschwister!
Der Koran lobt diejenigen, die aus ihrem Îmân heraus gute Taten vollbringen. Wissen führt zu Gottesfurcht und daraus folgen wiederum gute Taten. Im Koran heißt es: „Nur die Wissenden unter Seinen Dienern fürchten Allah. Allah ist gewiss mächtig, verzeihend.“[2] Laut Ibn Abbâs (r) ist damit gemeint, dass nur diejenigen Allah wirklich fürchten, die um seine Größe und Allmacht wissen. Wissen und Gottesfurcht sind also unzertrennlich.
Als ein Mann zu Imam Schâbî sagte: „O Wissender, gib mir eine Fatwa!“ entgegnete er: „Wissend ist nur der, der Allah fürchtet.“[3] Wahres Wissen ist also jenes, das zu Gottesfurcht führt. Und wahre Gottesfurcht führt zweifellos zu guten Taten.
Verehrte Muslime!
Ali (r) berichtet, dass ein Mann den Propheten (s) fragte: „O Gesandter Allahs, wie kann ich mich von der Last der Unwissenheit befreien?“
Unser Prophet antwortete: „Durch Wissen.“ Der Mann entgegnete: „Und wie kann ich mich von der Last des Wissens befreien?“ Unser Prophet antwortete: „Durch Taten.“[4], und setzte damit einen Rahmen, an dem wir uns orientieren können.
Einige Gelehrte stellten folgenden Vergleich auf „Das Wissen ist ein Baum, und die Taten seine Frucht. Als Gelehrter zählt nicht der, der nicht zum Handeln danach sucht.“ Der Gelehrte Sahl ibn Abdullâh beschreibt das Verhältnis von Wissen und Handlung wie folgt: „Das gesamte Wissen ist ein weltliches Gut. Nur die guten Taten, die daraus folgen, sind für das Jenseits.“[5] Muâz ibn Dschabal (r) sagte: „Ihr könnt noch so viel Wissen besitzen, wenn es euch nicht zu guten Taten führt, wird Allah euch nicht für euer Wissen belohnen.“[6] Und Abû Hurayra (r) sagte über das Wissen: „Wissen, das nicht in Taten umgesetzt wird, ist wie ein Schatz, von dem nicht auf dem Wege Allahs ausgegeben wird.“[7]
Verehrte Geschwister!
Unser Prophet sprach: „Kein Diener kann am Jüngsten Tag seine zwei Füße bewegen, ehe er nach folgenden fünf Dingen befragt wird: wofür er sein Leben investiert hat; wie er seine Jugend verbracht hat; womit er sein Geld verdient und wo er es ausgegeben hat und ob er sein Wissen in Taten umgesetzt hat.“[8] Wir sollten uns diese Worte zu Herzen nehmen, solange wir noch die Möglichkeit dazu haben. Im Hinblick auf das Jenseits sagte der Sahâbî Abû Dardâ (r): „Ich fürchte mich davor, dass Allah mich zuerst fragen wird: ‚Du warst ein Wissender. Inwiefern hast du dein Wissen in Taten umgesetzt?‘“[9]
Mögen wir zu jenen gehören, die durch ihr Wissen gute Taten vollbringen. Âmîn.
[1] Vgl. Ibn Mâdscha, Hadith Nr. 224
[2] Sure Fâtir, 35:28
[3] Vgl. Bagawî: Maâlim at-Tanzîl, Tafsîr des Verses 35:28
[4] Al-Ḫaṭîb Al-Baġdâdî, Iqtiḍāʾ al-ʿilm al-ʿamal (1984), S. 18-19
[5] ebd., S. 14, 28
[6] Dârimî, Ilm, 11, Hadith Nr. 268
[7] Al-Ḫaṭîb Al-Baġdâdî, Iqtiḍāʾ al-ʿilm al-ʿamal (1984), S. 24
[8] Tirmizî, Sifât al-Kiyâma, 3, Hadith Nr. 2416
[9] Al-Ḫaṭîb Al-Baġdâdî, Iqtiḍāʾ al-ʿilm al-ʿamal (1984),S. 41
Hutba-Aus dem Wissen folgt die Tat
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